INTERVIEW | Vanessa | Die Macherin

Liebe Vanessa,

Dich in ein bis zwei Sätzen zu beschreiben, fällt unglaublich schwer aber probieren wir es mal mit: Du bist eine Macherin, mutig, bodenständig und gehörst zu den Menschen, die andere inspirieren. Du warst mal Teil des go-shred Marketing-Teams, deine größte Leidenschaft ist das Snowboarden und du hast die Pandemie in Laax überwintert.

Ich möchte herausfinden, wie sich deine Leidenschaft entwickelt hat, woraus du Kraft schöpfst und wer du genau bist. Vielen Dank für die Möglichkeit die Welt kurz mal aus deiner Sicht zu sehen!

credits: GoT-iT! Shootings

Erzähl mal, wieviel Lebenserfahrung besitzt du bereits und von woher hat es dich nach Innsbruck verschlagen?

Gute Frage. Ich würde sagen vermutlich relativ viel für meine 27 Jahre 😉
Ursprünglich komm ich aus der Metropole Berlin und bin dann mit 19 zum Snowboarden nach Österreich gezogen. 

Wie sehr beschreiben dich die Worte Vanlife & Goodvibes?

Ja, ich denke doch ganz gut. Letzten Sommer bin ich mit dem Studium fertig geworden und habe mir einen Van gekauft und ausgebaut. Seitdem bin ich viel damit unterwegs und super happy so viele schöne Orte und coole Menschen kennen zu lernen.

Woher kommt die Leidenschaft zum Boardsport?

So genau kann ich das gar nicht beantworten. Als kleines Kind stand ich schon auf dem Skateboard von unserem Nachbarn und seitdem begleitet mich Skaten irgendwie durch mein Leben. Und mit fünf hat mein Dad mir Skifahren beigebracht. Vermutlich waren es ein paar coole Snowboarder, die mich so fasziniert haben, später damit selber anzufangen. Ich glaube es ist das Gefühl von Freiheit was mich dabei so begeistert.

credits: Boris Fieschi

Auf was würdest du verzichten, wenn du dich entscheiden müsstest: Surfen, Skaten, Snowboarden? 

Haha wie gemein hoffentlich muss ich das nicht wirklich, aber ja dann würde ich wahrscheinlich Surfen sagen. Beim Snowboarden und Skaten ist für mich der Spaßfaktor einfach höher.

In welcher Art und Weise hat dich das Snowboarden geprägt?

Sehr, ich würde sagen durchs Snowboarden hab ich so viel fürs Leben gelernt. Zum einen wie wichtig es ist, immer wieder aufzustehen und mich auf die Dinge zu konzentrieren, die mir wichtig sind. Ich war an vielen coolen Orten auf der Welt zum Snowboarden und habe wirklich tolle Freunde und eine super inspirierende Community kennengelernt. Für diese Erfahrungen bin ich sehr dankbar.

Gibt es Tage, an denen du keinen Bock auf Shredden hast? Was machst du dann?

Haha. Eher selten, aber beim ersten schönen Frühlingswetter geh ich sonst auch gern draußen mal skaten, anstatt weit zum Gletscher zu fahren. 

In Österreich waren durch den Lockdown in der Saison 2019/20 eine zeitlang die Lifte geschlossen, Wintersport war erschwert durch ständige Testerei. Du hast dich nicht einmal von einer Pandemie aufhalten lassen und bist kurzerhand nach Laax gezogen um deine Leidenschaft auszuleben. Was ging dir durch den Kopf, beim Umzug nach Laax?

Ja, da hatte ich tatsächlich richtiges Glück. Ich wollte mal was anderes probieren und in Laax hatte ich die Gelegenheit. Ich bin wahnsinnig dankbar, dass es in der Situation so möglich war und ich dort auch gleich so toll von den Leuten aufgenommen wurde. Laax hatte ein super Konzept entwickelt und somit die ganze Season offen. Da merkt man, dass ihnen der Sport wirklich selbst am Herzen liegt. 

credits: Umberto Mantovano

Du hast im Jahre 2016 Shred Unit gegründet. Ihr organisiert Freestyle Coachings, Competitions and Get-Togethers im Winter. Für was steht Shred Unit noch und wo wird es die Community hinführen?

Ja, genau inzwischen bieten wir nicht nur Freestyle Coachings für Girls an, sondern auch Contest Formate wie die jährliche Cash 4 Tricks Rail Jam beim Kaunertal Opening. Angefangen hat es mit einfachen Shred Unit Gatherings, um mehr Freeski- & Snowboard Girls am Berg zusammen zu bringen und beim Park Fahren zu unterstützen. Uns geht‘s um Spaß am Shredden und Gemeinschaft.

Wir sehen, dass die Girls Community in den letzten Jahren enorm gewachsen ist und sich die Mädels mehr zusammengetan haben. Von Anfänger bis Street, wie z.B. die Surreal Girls, sind hier mehr Frauen zusammen unterwegs. Das freut mich unwahrscheinlich und ich sehe noch viel Potential. Nach wie vor wäre es wünschenswert, wenn Girls und die Community in diesen Sportarten noch mehr und spezifischer gefördert würden und von Medien mehr darüber berichtet wird. Das ist unsere Mission. Und dabei geht es nicht nur um Beginner, sondern auch Girls die Snowboarden oder Freeski wirklich leben und dabei mehr Support bekommen sollten. 

Wir waren als Coaches beim Slay Days Event von Girls Are Awesome am Patscherkofel dabei und begeistert wie viele verschiedene Girls gleichzeitig am Berg waren und miteinander eine coole Zeit hatten! Das ist die Zukunft.

credits: passera.vln

Die Idee hinter Shred Unit ist unglaublich wertvoll und tatsächlich hast du eine Nische gefunden, der sich noch niemand angenommen hat. Wie kam es dazu?

Danke, ja zusammen mit meinen besten Freunden hatten wir 2015 die Idee mehr Girls beim Snowboarden durch ein Event zusammen zu bringen. Wir haben gemerkt, dass viele Mädels allein unterwegs sind und genauso wie wir versucht haben neue Tricks zu lernen und neue Shredbuddies zu finden. Dafür wollten wir eine Plattform für die Community schaffen, die sich gegenseitig unterstützt und pusht. Glücklicherweise hatte ich immer ein tolles Team um mich und unsere Media Boys von Double-ues haben uns hierbei tatkräftig unterstützt.
Zu der Zeit habe ich gerade ein Praktikum bei go-shred gemacht. Martin hat unsere Idee super gefallen und er hat mich dazu motiviert das ganze größer zu machen und weiterzuführen. Ich bin sehr dankbar für seine Tipps und den Support. Seitdem haben uns sehr viele unterstützende Hände aus der Szene und der Industrie begleitet, für die ich mich gerne bei allen bedanken möchte!

credits: passera.vln

Bist du oft mit Diskriminierung beim Snowboarden konfrontiert?

Grundsätzlich sind Snowboarder doch sehr positive und offene Menschen – und wir alle haben die Liebe zum Sport gemeinsam. Diskriminierung ist nicht immer so offensichtlich. Aber Snowboarden ist ein sehr Männer dominierter Sport und aus Erfahrung ist es nicht leicht sich da als Frau durchzusetzen. Gerade am Anfang sind mir Jungs häufig bei der Anfahrt reingefahren, das fand ich sehr respektlos. Oder es wurde ein abwertender Kommentar über Frauen losgelassen.

Snowboarder können sehr oberflächlich sein, wenn es um Skills geht. Oft werden Männer mit Frauen verglichen, dabei müssen Frauen biologisch betrachtet viel mehr dafür tun, um ein gleiches Niveau erreichen zu können. Wäre ihre Leistung dann nicht sogar besser? Es wird nicht unterschieden, ob ein Typ schon seit 10 Jahren ein Rail fährt oder ein Girl es gerade zum ersten Mal probiert. Da heißt es dann einfach Mädels könnten es nicht. Aber, dass es anders ist, können wir ja alle an Frauen wie Anna Gasser sehen. 

Insgesamt bekomme ich viel Zuspruch und Unterstützung von Männern, die es cool finden, wenn Frauen aktiv Snowboarden. Ich sehe eine liebenswerte Community in der Snowboardwelt, die gerade viel bei dem Thema dazu lernen.

Was möchtest du jedem Mädchen bzw. Frau, dass sich in einer männerdominierten Sportart versucht, mit auf den Weg geben?

Lass dich nicht einschüchtern, jeder von denen hat mal angefangen. Such dir Menschen um dich herum, die dich supporten bei dem was du erreichen möchtest. Mädels haben meistens ein besseres Verständnis füreinander und können dich genauso pushen wie Jungs. Such dir ein paar inspirierende Vorbilder. Schau was dir am meisten Spaß macht, geh dem nach und vertrau auf deine Intuition. Jeder musste da mal durch und ist gerne bereit dir zu helfen, wenn du nett fragst. Mir persönlich hilft es unwahrscheinlich gut Musik zu hören, um mich weniger von anderen Blicken ablenken zu lassen. Es braucht dir nicht unangenehm sein, wenn du etwas noch nicht kannst, du übst es ja damit es besser wird. Hinfallen, aufstehen, weitermachen- der Rest kommt von alleine 😉  Have fun shredding!

Vielen Dank an dich Vanessa, für deine Zeit und deine Offenheit! Wer Vanessas Story verfolgen möchte, ist immer informiert auf ihrem Instagramaccount und der ShredUnit Seite 🙂

credits: Lisa Günther